12:18 min, 4:3, stereo, 2010

Greenscreen

(…)Petra Lottje traktiert die Pseudoeinheit von optischem und akustischem Sprecher in Werbespots und Spielfilmen in ihrer Videoarbeit „Greenscreen“ (2010) auf fulminante Weise, indem sie die Sprechenden noch einmal vom Bild löst und durch ein einziges, nämlich ihr eigenes Bild ersetzt. Anders als in den Quellen, die sie verwendet, passt die Tonspur nun auf amüsante, verstörende oder groteske Weise nicht mehr zu den Bildern, respektive zum immer gleichen Bild der Performerin. Sie ‚redet’ mal mit männlicher, mal mit weiblicher Stimme, und selbst die weiblichen Stimmen zielen häufig am optischen Eindruck der Künstlerin vorbei.
Dadurch entsteht ein Doppelspiel, ein produktiver Riss zwischen Sprechakt und Sprecherin. Aber das Doppelspiel reicht, insbesondere in „Greenscreen“, noch weiter.
„Greenscreen“ ist ein Verfahren, Videoaufnahmen von Personen, die vor einer grünen Leinwand agieren, anschließend im Computer auszuschneiden, um sie beliebig mit anderen Hintergründen in real time zu synchronisieren. Man kann in diesem Fall jedoch Greenscreen zugleich metaphorisch auch auf den Einsatz von lipsynch beziehen.
Die Stimmen der Werbung, nun aus dem Off kommend und via lipsynch von der Performerin imitiert, synchronisieren Bild und Ton so, dass man den falschen Zungenschlag der Werbung umso stärker erlebt.
Vorstellbar ist zudem, dass bei der nächsten Werbesendung in Kino oder Fernseher der grelle Greenscreen sich zurückmeldet und es zu einer Bild-Ton-Störung im Bewusstsein des Betrachters kommt. Die unterschwellige Synchronizität von Werbespot und Betrachter wäre dann in einem überraschenden Nicht-Ich durchbrochen, und der Betrachter/Hörer könnte sich endlich einmal in einer Differenz erleben. (…)
(Textauszug „Synchronisationssplit“, Ursula Panhans-Bühler, 2010)