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Der Nachbar, der Maler, der Tätowierte ohne Führerschein, der lieben konnte und Musik mag, der Länder bereist hat und sein Schicksal stets annahm. Und niemals sollte man Kinder zum Einkaufen schicken.
(Karen Lottje)
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Trailer
Michael Weissbach wurde 1950 in Westberlin geboren und wuchs in einem Arbeitermilieu auf, das geprägt war von den Nachwirkungen des Zweiten Weltkriegs und den politischen Spannungen der geteilten Stadt. In einer Familie, in der Alkohol und emotionale Kälte den Alltag bestimmten, suchte er früh nach Halt – und fand ihn zunächst in Drogen und Alkohol, später beim Reisen, der Musik und dem Drang, auszubrechen. Seinen übergewichtigen Körper wie die Unsicherheit seiner Herkunft hat er nun längst akzeptiert und reflektiert. Und genau daraus, gepaart mit mit Berliner Humor, eine lebenslange Sensibilität für soziale Ausgrenzung, gesellschaftliche Brüche entwickelt und, nicht zuletzt, eine starke innere Haltung dem Leben gegenüber geformt.
Seine Biografie ist auch ein Spiegel der westdeutschen Nachkriegsgesellschaft: Der Übergang von der Rebellion zur Resignation, von der Sucht zur Erkenntnis. Nach einer Lebertransplantation beginnt er, sein Leben neu zu sehen – nicht als Opfer, sondern als Zeitzeuge, der überlebt hat. Die große Liebe, die nie Wirklichkeit wurde, steht exemplarisch für all das, was nicht eingelöst wurde – privat wie gesellschaftlich.
Der Film bleibt ganz bei Michael Weissbach, in seiner Wohnung, in seiner Sprache, bei seinem Humor – und verzichtet bewusst auf Musik, um dem Rhythmus seiner Erzählung zu folgen. Große Themen strukturieren sein Leben: Familie, Freundschaft, Körper, Sucht, Reisen, Musik, Verlust und Liebe. Dabei wird deutlich: Micha steht nicht nur für ein persönliches Schicksal, sondern für eine Generation, deren Geschichte eng mit den sozialen und politischen Verwerfungen Westberlins verbunden ist.
Dieses dokumentarische Porträt ist eine Einladung zum Zuhören – und ein stiller politischer Kommentar über das Leben in einer Stadt, die viele zurückließ.
© Petra Lottje 2025